Mit halbleeren Portemonnaies und defektem Stossdämpfer in die kasachische Steppe

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Mit halbleeren Portemonnaies und defektem Stossdämpfer in die kasachische Steppe


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Die geplante frühe Abfahrt fiel heute ins Wasser. Ob dies nun am gestrigen Abend lag, sei dahnigestellt.

Jedenfalls schlüpften wir erst um 8 Uhr aus unseren Schlafsäcken. Für heute stand der Grenzübertritt nach Kasachstan an. Dafür mussten wir in die usbekische Hauptstadt Taschkent fahren. Gemäss Reiseführer sollte sich etwa 15 Kilometer nach Taschkent, der grösste Grenzübergang nach Kasachstan sein. Sollte… In Realität wird dieser Grenzübergang seit einigen Jahren renoviert. Fahrzeuge werden seither keine mehr abgefertigt. Aber dazu später.

Die schlechten Strassen in Turkmenistan und Usbekistan haben Ritle zugesetzt. Nach dem wir im Iran bereits das Glas des linken Blinkers verloren haben, machen nun auch die Stossdämpfer langsam schlapp. Neue Stossdämpfer kommen aber momentan noch nicht in Frage. Zu schlecht sind die Strassen und zu schnell wären die neuen Stossdämpfer wieder kaputt. Glücklicherweise ist Autodoktor Stefan ein Improvisationstalent. Mit Einmachgläser-Gummis soll Ritle in den nächsten Tagen wieder flott gemacht werden.

Wiederum verloren wir aufgrund der schlechten Strassen viel Zeit. In Taschkent kamen wir erst gegen 16 Uhr an. Der Feierabendverkehr hatte bereits begonnen und wir verbrachten eine geschlagene Stunde damit, zum Grenzübergang zu fahren. Bei der Grenze angekommen, erfuhren wir vom Zöllner, dass die Grenze für Fahrzeuge geschlossen sei und wir für Die Einreise nach Kasachstan nach Chinaz fahren müssten. Also genau dorthin, wo wir hergekommen waren. Nun gut, wir hatten keine andere Wahl und mussten wohl oder übel die 70 Kilometer zurückfahren.

Aus Taschkent wieder herauszufinden war eine andere Geschichte. So fuhren wir zuerst kreuz und quer durch Taschkent, um wieder auf den City-Ring zurückzugelangen. Bei einer Kreuzung wagten wir einen U-Turn, obschon dies dort verboten war. Da heute unser Glückstag war, sah dies natürlich ein Polizist, welcher uns sogleich anhielt. In Usbekisch versuchte er uns zur Rede zu stellen, realisierte aber ziemlich schnell, dass dies absolut keinen Sinn machte. Deshalb befahl er uns nach ein paar erfolglosen Versuchen uns zurechtzuweisen, weiterzufahren. Irgendwie scheinen in Usbekistan Strassenschilder nicht wirklich wichtig zu sein. Der ganze Umweg über Taschkent wäre zudem nicht passiert, wenn die Strassenbeschilderung für Almaty nicht noch immer nach Taschkent führen würde.

Chinaz war ein kleines Provinznest. Beim Grenzort gab es nicht einmal eine Tankstelle. Um an Benzin zu gelangen mussten wir uns daher bei der Bevölkerung durchfragen. Schliesslich gelang es uns, mit Hilfe eines Einheimischen 10 Liter Benzin bei einer Familie zu kaufen. Natürlich zu einem etwas höheren Preis als sonst, aber den haben wir gerne bezahlt.

Die Ausreise aus Usbekistan verlief ohne grosse Schwierigkeiten. Die Grenzbeamten waren mehr mit unserem Auto beschäftigt, als unsere Dokumente zu überprüfen. Es dauerte keine fünf Minuten bis Ritle von mindestens zehn Beamten umringt war. Jeder wollte eine Grussbotschaft auf den gelben Lack kritzeln. Auch unser Multifunktionsspaten vom Schweizer Militär schien die Beamten zu faszinieren. Das Gepäck im Innenraum wurde kaum kontrolliert.

Bei der kasachischen Grenze mussten wir uns zuerst in eine lange Schlange einreihen. Die Grenzbeamten machten gerade Essenspause und etliche Lastwagen und Autos warteten auf die Abfertigung. Die Wartezeit verkürzten wir uns mit Smalltalk mit anderen Reisenden. Ein russisches Ehepaar schenkte uns eine Tüte Erdnüsse und eine Usbekin wollte ihren alten Jeep gegen Ritle eintauschen. Die türkischen Lastwagenfahrer boten uns Bier an und machten Fotos von uns und Ritle.

Bislang trafen wir an den Grenzübergängen stets auf freundliche, zuvorkommende Beamten. Schmiergeldforderungen kannten wir nur aus den Reiseführern. Dieses Bild änderte sich in Kasachstan. Bereits bei der ersten Passkontrolle wollte der anwesende Soldat von uns Geld haben. Kasachische Polizisten und Beamte nennen dies liebevoll Souvenir… Wir blieben jedoch stur und boten dem frechen Beamten ein paar Willisauer Ringli an. Nach einigem hin und her, gab er sich damit zufrieden. Weiter ging es durch die Visakontrolle, einmal Stempel, einmal Foto, einmal Unterschrift und fertig. Stefan musste dann noch zur Fahrzeugeinfuhr antraben. Wiederum verlangte der Beamte ein Souvenir. 20 Dollar sollten es sein. Die Forderung brachte uns in Verlegenheit. Der Beamte schien es ernst zu meinen und wir hatten nur gerade 4 Dollar im Portemonnaie. Der nächste Bancomat befand sich im 200 Kilometer entfernten Shymkent und unsere Benzinvorräte reichten in keiner Weise aus, um die Stadt ohne Tankstellenbesuch zu erreichen.

Glücklicherweise fiel Daniel ein, dass er noch einige kirgisische Som dabei hatte. Nach einer kurzen Diskussion gab sich der Beamte auch mit den kirgisischen Som zufrieden. Da wir vermuteten, dass der nette Herr keine Ahnung vom aktuellen Wechselkurs hatte, gaben wir ihm lediglich Som im Gegenwert von 10 Dollar. Der Beamte steckte das Geld ohne nachzuzählen in seine Westentasche.

Bei der Fahrzeugkontrolle folgte schon die nächste Aufforderung für ein Souvenir. Dieses Mal liessen sich die beiden Beamten nicht mit Willisauer Ringli und Kaugummis abspeisen. Fussballshirts sollten es sein, oder eine Uhr. Wir hatten jedoch weder Fussballshirts dabei, noch wollten wir eine unseren Uhren den korrupten Beamten schenken. Bei der Gepäckkontrolle fiel uns dann zum Glück die Plastiktüte mit den übrigen Sponsorenshirts wieder in die Hände. Die beiden Grenzwächter zögerten nicht lange und akzeptierten die Shirts als Souvenir.

Nach wirklich mühsamen Minuten an der Kasachischen Grenze wollten wir nur noch möglichst weit weg von den korrupten Beamten. Kaum aus dem Grenzgelände herausgefahren, wurden wir allerdings schon belagert von Geldwechslern. Da wir dringend Tanken mussten, tauschten wir unsere kirgisischen und usbekischen Som gegen kasachische Tenge ein. Der Wechselkurs war zwar nicht gerade gut, aber immerhin kamen wir so wieder zu etwas Geld, um Benzin und Wasser zu kaufen.

Und zum Schluss noch dies:
Die Pandanauten-5-Sterne-Küche empfiehlt für einen anstrengenden Tag wie heute feine Tomaten- Spaghetti. Passend dazu usbekisches Bier und ein paar Bissen Kurut, welchen wir zuvor von der freundlichen Ladenbesitzerin an der Grenze geschenkt bekamen.